Deutsche und Engländer

Erst Fremde, dann Freunde

Deutsche und Engländer

Deutsche und Engländer mögen einander im Allgemeinen besser leiden als es in den Medien oft dargestellt wird.

Für viele Deutsche überraschend ist die herzliche Aufnahme, die Sie bei englischen Familien und Geschäftsfreunden im allgemeinen finden, die unkonventionelle Art der Kommuni­kation sowie die Höflichkeit und Freundlichkeit im Umgang miteinander. Wichtig ist für Sie zu erkennen, ob die Herzlichkeit nur eine – wenn auch überzeugend dargebotene – Formsache unter Geschäftsleuten ist, oder ob sie für eine längere Freundschaft taugt.

Beim ersten Kennenlernen sind die Anreden Sir und Madam durchaus am Platze. Das von uns so ausgiebig praktizierte Hände­schütteln bei jeder Begrüßung und bei jedem Abschied kennt man in England nicht. Man wird Ihre ausgestreckte Hand nicht ignorieren, aber Sie sollten sich bald abgewöhnen, jedem spontan die Rechte entgegenzuhalten, den Sie begrüßen. Vor allem der schmerzhaft-feste Händedruck, bei uns Ausdruck besonders inniger Verbundenheit, stößt nicht überall auf Gegenliebe.

Bei den Damen hat sich ein Begrüßungs- und Verabschiedungs­zeremoniell eingebürgert, bei welchem einem lieben Gast, einem guten Freund die Wange für einen angedeuteten Kuss entboten wird – einen angedeuteten, wohlgemerkt, denn das Küsschen geht beiderseits ins Leere. Die Lippen geben nur ein diesbezügliches Geräusch von sich, die cheek-to-cheek-Berührung bleibt unver­fänglich dezent, so als wollte man sich beim anderen, hätte jener einen Schnupfen, nicht anstecken. Die Küsschen-Gesellschaft in Frankreich busselt physisch herzhafter.

A cup of tea?

Vom Nachbarn ein zweites Mal zu einer cup of tea – verstümmelt zu einer cuppa – eingeladen zu werden, ist möglicherweise der Auftakt zu einer intensiven nachbarschaftlichen oder kollegialen Bindung. Die Engländer gelten als eine Nation der Teetrinker, selbst der hohe Kaffeekonsum in jedem Lande ändert nichts an dieser Tatsache.

Man wird Ihnen bald eine Menge Fragen stellen; bereiten Sie sich darauf vor. Wie denken Sie über den kürzlich auf­gedeckten Korruptionsskandal in Brüssel? Über Gen-manipulierte Nahrungsmittel? Über die Privatisierung der Energieversorgung? Halten Sie den russischen Premierminister für einen gutaus­sehenden Mann? Wird Liverpool gegen Manchester am Sonntag gewinnen können? Wie viel Einfluss haben bei Ihnen zuhause die Gewerkschaften? Wie hoch ist der jährliche Sauerkrautkonsum in Deutschland?

Stellen Sie mutig Gegenfragen, zum Beispiel zum Verlauf der letztjährigen Reise nach »Europa«, seien Sie ein guter Zuhörer und vermeiden Sie, die Konversation von sich aus auf Konflikt­stoffe auszuweiten, die nicht Ihre »Baustelle« sind, etwa Nordirland oder die Falklandinseln betreffend.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in England.

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